Rohrbau: Jetzt aber mal ehrlich, was kommt da auf mich zu?

Meine Schüler kommen immer wieder zu mir in den Unterricht und haben sich dazu entschlossen, Rohrbau zu lernen. Meist, weil die ständige Unzulänglichkeit dieser kleinen Biester einen schier in den Wahnsinn treibt und man sich doch so gerne selbst und am Besten dauerhaft aus diesem Schlamassel befreien möchte.

Erst einmal finde ich, das ist eine ganz wunderbare Idee!

Allerdings ist es dann, als aufrichtige und ehrliche Person meine Aufgabe, erst einmal ein bisschen Wind aus den Segeln zu nehmen. Denn, um es ganz gerade heraus zu sagen: Rohre bauen ist eine Kunst für sich. Kunst macht bekanntlich Arbeit und kostet Geld und deshalb hier für euch mal eine realistische Einschätzung, was da eigentlich auf euch zu kommt.

Ich will betonen, dass ich hier auf keinen Fall davon abraten möchte, Rohre bauen zu lernen – im Gegenteil. Ich wäre froh, wenn alle meine Schüler sich selbstständig mit Rohren versorgen könnten und freue mich gewaltig mit jedem meiner Schüler, der an diesen Punkt kommt. Aber es ist vielleicht ein bisschen so, als würde man sich einen Hund ins Haus holen: Man sollte die Vorteile, aber auch die Nachteile kennen und deshalb ist es ja nur fair, da mal etwas drüber zu schreiben.

Was brauche ich?

Hier kommt meine detaillierte Liste, die ich an alle meine Schüler rausschicke. Das ist wohl gemerkt eine Beispiel-Liste. Ihr werdet von eurem Lehrer womöglich eine geringfügig andere bekommen und solltet ihn umbedingt danach fragen, bevor ihr euer Rohrbauset bestellt. Es gibt auch fertig zusammen gestellte Rohrbausets, ich bevorzuge allerdings meinen Schülern diese Liste zu schicken, damit sie von Anfang an genauso bauen können, wie ich es auch tue:

– Die Schieblehre
– Das Halbiermaß
– Eine Rolle Garn 
– Eine Rolle Messingdraht
– Eine Schabezunge (wer dazu neigt, Dinge zu verlieren sollte vielleicht gleich eine Ersatzzunge bestellten)
– Ein Abschneideklotz
– Teflonband
– Dorn 
– Hülsen (bitte gleich 5-10 Stück davon bestellen in der Variante 46mm)
– Fassons (das sind Fassons für Einsteiger – am Anfang macht das durchaus Sinn, weil man die ersten Rohre in der Regel noch nicht benutzen kann. Bitte bestellt mindestens 10, europäischer Standard)
– Messer (so ein Ähnliches bekommt ihr auf von Stanley in jedem Baumarkt, das könnt ihr auch dort kaufen, aber bitte umbedingt die Metall-Variante und kein billiges Plastikmesser wählen)
– Ersatzklingen (bitte auch da hochwertige Klingen wie z.B. diese von Mozart kaufen, man tut sich sonst sehr schwer beim Schaben)

Wenn ihr auf die Links klickt, habt ihr auch gleich ein Foto zu dem jeweiligen Objekt – dieses Rohrbau-Fachchinesisch versteht ja schließlich kein normaler Mensch.

Dazu sagen muss ich, dass ihr Hülsen und Fassons immer wieder nachbestellen müsst, denn pro Rohr braucht man eine neue Fasson. Eine Hülse kann man einige Male wieder verwenden, solange der Kork an der Unterseite unbeschädigt bleibt.

Ihr könnt natürlich beim Oboenhändler eures Vertrauens all diese Werkzeuge kaufen, Thomann hat diese speziellen Dinge allerdings nicht im Sortiment.

Und was mache ich jetzt damit?

Wenn ihr alle eure Sachen beisammen habt, fangt bitte nicht alleine an zu basteln. Bedenkt, dass ihr bei jeder Fasson bis zu 3€ in den Mülleimer schmeißt, wenn nichts daraus wird. Also schnappt euch eure ganzen Werkzeuge und geht zu eurem Lehrer. Er kann euch zeigen, wie ihr damit umgehen müsst und euch besonders bei den letzten Schritten helfen, damit die Erfolgsaussichten am Anfang nicht gar so schlecht sind.

Und wann kommt der Erfolg?

Tja, man sagt immer eine Badewanne voll Rohre…

Keine Angst, so schlimm ist es nicht. Wenn ihr einen guten Lehrer an der Hand habt und euch helfen lasst, solltet ihr schon nach den ersten Versuchen ein spielbares Rohr in den Händen halten.

Allerdings, und das ist jetzt ganz, ganz wichtig, ihr müsst geduldig sein. Bis ich das Gefühl hatte Rohrbau zu „beherrschen“ sind ein paar Jahre vergangen. Beherrschen heißt für mich, dass ich ohne Lehrer weiß, was zu tun ist und zuverlässig meine eigene Rohrproduktion betreiben kann, ohne mich dabei ständig hinterfragen zu müssen. Jedes Stück Holz (also jede Fasson) lebt und man muss dieses Leben kennen lernen, um einzuschätzen, wieviel Holz ich einem Rohr nehme und wie ich es genau bearbeite.

Ihr wollt Rohrbau lernen?

Wie immer gilt: Wendet euch an euren Lehrer.
Ich selbst unterrichte auch Rohrbau als Gruppenworkshop. Wenn ihr Interesse habt, schreibt mir eine Nachricht.

4 Kommentare

  1. Noch ein kleiner Zusatz zum Thema „Kosten“: Ich gebe gerade ziemlich viel Holz zum Rohrebauen üben ab, falls jemand daran interessiert ist, sind diese beiden links hilfreich:
    https://bit.ly/3piynCI und
    https://bit.ly/3iNW4k7
    Bitte nicht falsch verstehen – ich bin kein Händler im großen Stil, sondern biete das hier an, um zu helfen. Ich habe auch viele Schüler, die das Rohrebauen lernen und aber nicht gleich das härte-dichte und farblich ausgesuchte, allerorts angepriesenen 1a Top Rohrholz dazu brauchen. Die handwerklichen Fertigkeiten kann man durchaus auch auf ganz normalem Holz lernen…

    • Miriam Ströher

      Lieber Karl-Friedrich, danke dir für das Angebot, das leite ich auf jeden Fall weiter an meine Schüler! Du hast vollkommen Recht – am Anfang kauft man besser nicht das teuerste Holz, denn Vieles davon wird man geradewegs in den Mülleimer befördern.

        • Miriam Ströher

          Ich erinnere mich noch, dass meine erste Lehrerin das Holz immer so bestellt hat – kiloweise irgendwo in Frankreich, sie sprach natürlich auch fließend französisch 🙂 Tja, so ändern sich die Zeiten. Ich bin ganz ehrlich gesagt mittlerweile zu faul um es selbst auszuhobeln, das bereue ich allerdings sehr oft, denn billiger wird es dadurch natürlich auch nicht, ja ich weiß nichtmal, ob ich eine Zeitersparnis habe. Aber so ist das mit dem Rohrbau: eine echte Wissenschaft für sich 😀

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