Ein Album für die Oboe

Miriam Hanika mit Englischhorn in einem Schilffeld.

Vieles war mir nicht bewusst, als ich begann, Oboe zu spielen. Dieses Instrument, das im Vorbeigehen immer als eines der schwierigsten Instrumente bezeichnet wird, ist immer für eine Überraschung zu haben: der Ärger mit den Rohren, also den Mundstücken, die man als Oboist selbst baut, die wartungsintensive Mechanik, das eng gebohrte, anfällige Holz – die Oboe ist eine absolute Fehlkonstruktion. Sie ist schwer zu lernen, umständlich in der Handhabung und so vorsintflutlich wie ein Münztelefon. Von all dem hatte ich keine Ahnung, als ich die Oboe zum ersten Mal in den Händen hielt.

Auf meinem Weg zur professionellen Musikerin hat mich die Oboe naturgemäß herausgefordert, geliebt habe ich sie trotzdem. Eines habe ich allerdings erst sehr spät verstanden und nie akzeptiert: außerhalb der klassischen Musik existiert die Oboe so gut wie nicht. Kein anderes Instrument ist so festgelegt auf ein bestimmtes Genre. Weder in der Volksmusik, noch im Jazz, Pop oder im experimentellen Bereich wird man der Oboe in einer nennenswerten Häufigkeit begegnen. Sie ist ein durch und durch klassisches Instrument.

Mein Wunsch, klassische Musikerin zu werden, entstand, als ich der Oboe begegnet bin. Und er lebte in etwa so lange, bis ich mir endlich die Frage erlaubte, warum die Oboe der klassischen Musik vorbehalten sein soll. Mittlerweile ist sie für mich ein Instrument wie jedes andere, das an jedem Ort, zu jeder Zeit gespielt werden kann und will. Vielleicht nimmt sie es mir manchmal übel, wenn ich sie an klimatisch widrige Orte schleppe und sie einem Publikum präsentiere, was von all ihren Eskapaden keinen blassen Schimmer hat. Aber ich weiß, dass sie es insgeheim genießt, dort gespielt zu werden, wo zuvor noch nie ein Oboist gewesen ist. Auf Bühnen, wo sie keiner kennt, man ihrem traumhaften Klang mit unverbrauchten Ohren begegnet und herrlich wenig von Strauss und Mozart weiß.

Die Oboe aus ihrem Museum zu befreien, ist Pionierarbeit und hier stellt sich für manche vielleicht die Frage der Notwendigkeit. Die Antwort ist einfach: Weil es möglich ist. 

Sie ist nicht nur eines der schwierigsten, sondern auch eines der schönsten Instrumente der Welt. Die Oboe hat es verdient, dass man ihr etwas Neues zutraut.

„Schilflieder“ ist aber nicht nur ein Album für die Oboe, es ist auch ein Album für die Natürlichkeit. In Zeiten von zunehmender Entfremdung, invasiver Digitalisierung und exponentiell wachsendem Involvement von Künstlicher Intelligenz, wünsche ich mir als Musikerin manchmal nichts sehnlicher, als die Rückkehr zu unseren natürlichen Wurzeln, die Rückkehr zu der Frage woher wir kommen und wohin wir gehen. Nirgends finde ich eindeutigere Antworten auf diese Frage, als in der Natur. Diese Antworten mit der Oboe musikalisch zu verarbeiten, ist der Grundgedanke, der hinter meinen Schilfliedern steht.

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1 Kommentare

  1. Thomas H.

    Vielen Dank für dein wunderbares, neues Album, das wirklich etwas ganz Neues darstellt.
    Um Entwicklung und Fortschritt zu ermöglichen, braucht es kreative Menschen wie dich, die den Mut haben, angestammte Bahnen zu verlassen, um neue Wege zu gehen. Danke.

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