LnK-Reeds – neue Kunststoffrohre und warum es sich jetzt lohnt, sie auszuprobieren

Miriam Hanika testet die röhre von LNK auf Marigaux Oboe

In der Vergangenheit gab es schon viele Versuche, das anfällige Oboenrohr stabiler zu gestalten. Die ersten Kunststoffrohre habe ich schon vor viele Jahren ausprobiert und war damals schockiert: sie schepperten und krähten und hätten selbst auf einem Karnevalsumzug in NRW keine gute Figur abgegeben. 

Das erste Rohr aus Kunststoff, mit dem manche Oboisten etwas anfangen konnten, war wohl das aus dem Hause Légère. Auch ich habe diesem Rohr mehrere Chancen gegeben. Vor Allem, weil ich als Oboistin, die viel in Konzertsituationen außerhalb des wohntemperierten Konzertsaals katapultiert wird, immer nach etwas suche, was auch in den widrigsten Open-Air-Situationen noch zuverlässig ist. 

Leider haben mich die Rohre von Légère aus vielen Gründen nicht überzeugt. Man kann sie nicht nachbearbeiten und an die eigenen klanglichen Ansprüche anpassen, sie halten nicht ansatzweise so lange, wie vom Hersteller versprochen und dafür sind sie mit 135€ einfach wirklich viel zu teuer. Dieser Preis, auch wenn man damit die Innovation bezahlt, kommt mir fast ein bisschen dreist vor, angesichts der Tatsache, dass so ein Rohr vermutlich innerhalb von Minuten von einer Maschine gefertigt wird, während ich meine Holzrohre in aufwändiger Handarbeit aufbinde, schnitze und einspiele.

Jetzt allerdings gibt es ein neues Kunststoffrohr, das Rohr von LnK. Nicht nur ich, auch viele meiner Schüler*innen haben diese Rohre probiert. Mich haben sie jetzt so sehr überzeugt, dass ich hier darüber schreiben will.

Im Holzbläserhaus bei Stephan Pieger in München habe ich mir ein etwas zu schweres Rohr mitgenommen. Ich habe es im Nachhinein so bearbeitet, wie ich in den letzten Schritten auch meine Holzrohre bearbeite und war dann ziemlich begeistert – das klang tatsächlich nach meinem Klang und das kenne ich von anderen Kunststoffrohren so nicht. Dieses Rohr spiele ich nun seit mehreren Wochen und es bleibt sehr stabil und ist gerade dieses Jahr eine gute Referenz, wenn es mal wieder anfängt zu donnern und ich alle meine Rohre für kurze Zeit am liebsten gegen die Wand werfen würde. 

Hier ein kleiner akustischer Vergleich, ich selbst höre kaum einen Unterschied:

Auch den Preis von 80€ finde ich angemessen – nicht ganz billig zwar, aber angesichts der Inflation und der Tatsache, dass dieses Rohr ständig weiter entwickelt wird und einem „echten“ Oboenrohr auch optisch sehr nahe kommt, gerechtfertigt. 

Diese Rohre werden wie die traditionellen Holzrohre auf eine Hülse aufgebunden und mir gefällt, dass es nicht gewollt futuristisch daher kommt und dass das Plastik nicht durchsichtig ist (wer will schon sehen, was in einem Oboenrohr so alles passiert…).

Auch hier gilt natürlich: am Besten man kann die Rohre vor dem Kauf erstmal ausprobieren, auch, um sich mit den verschiedenen Stärken vertraut zu machen. Jedes Rohr, ob Holz oder Kunststoff, ist eben aufgrund der Fragilität wie ein Mensch mit einem eigenen, individuellen Charakter. Trotzdem haben die Kunststoffrohre am Ende eine höhere Konstanz, was diese Unterschiede betrifft. Während man beim Holzrohr so gar nichts voraus sagen kann, ist das Kunststoffrohr schon viel planbarer.

Natürlich – ein Holzrohr wird letztendlich immer ein Holzrohr bleiben und ein Plastikrohr ein Plastikrohr. Das Spielgefühl ist ein Anderes und die Flexibilität im Klang noch etwas eingeschränkter. Dafür kann man sich auf diese Rohre in einem ganz anderen Maß verlassen. Das ist ohnehin die Wahrheit hinter der Oboe als Instrument im Allgemeinen: jeder positiven Veränderung wohnt meist auch eine kleine Schattenseite inne und man muss einfach selbst herausfinden, wo und in welcher Situation sich etwas gut anfühlt oder nicht. 

Ich jedenfalls kann sagen, dass man mit LnK-Reeds eine richtig gute Alternative geschaffen hat, die sich lohnt auszuprobieren und die sicherlich vielen Oboist*innen ein Stück der Sicherheit und der Kontinuität geben wird, nach der wir uns manchmal so verzweifelt sehnen. Vielen Dank an LnK!

2 Kommentare

  1. Hallo Miriam – danke für den Beitrag über die LnK-Reeds. Ich denke, daß das eigene Spielgefühl sehr mit entscheidend ist, ob ich mit einem Kunststoff Mundstück zurecht komme. Wenn das Rohr zu einem hohen Prozentsatz musikalisch alles mitmacht, was ich will (Ansprache, Dynamik, Klangfarbe etc.) und darüber hinaus auch in Hinsicht auf Intonationsstabilität immer ein gutes „Angebot“ macht, ist es doch völlig egal, aus welchem Material es hergestellt ist. So denke ich zumindest. Ganz wichtig für mich wäre auch: Wie lange hält es? Kann ich es bearbeiten? Für 80 Euros sollte es mindestens 3 Monate gut sein und auch ohne Einbußen 3 anspruchsvolles Sinfoniekonzerte durchhalten. Langfristig sollte die Verwendung der Kunststoffrohre aber nicht das Wissen und die Fertigkeit zur Herstellung von traditionellen Holzrohren verdrängen. Interessant wäre es auch zu wissen, wie die Fraktion der Barockoboisten auf diese Entwicklung reagiert: Siegt der praktische Nutzen oder das Festhalten an der Tradition? Immerhin habe ich auch noch nie eine Kunststoff-Barockoboe gesehen, während ich mein „modernes“ Englisch Horn mit einem Kunststoff Oberstück niemals hergeben wollte, denn ich kann damit auch in widrigsten unbeheizten Kirchen völlig entspannt meiner Kantaten blasen ohne mir Risse einzuhandeln. Hören tut kein Mensch den Unterschied zu Grenadill. Schöne Grüße aus Donaueschingen!

  2. Mario Karger

    Moin aus dem Emsland,
    ich habe jetzt mit verschiedenen Kunststoffrohren meine Erfahrungen gemacht und bin von lnk wirklich positiv überrascht worden.
    Mit Legere könnte ich nicht wirklich etwas anfangen, sehr unflexibel und kein richtiges Schwingungsverhalten.
    Besser wurde es mit Silverstein. Ein Medium Rohr, habe ich mit einer Zwinge so viel Spannung beigebracht, das es passabel schwingt und mit einigen Schabekorrekturen den Klang weicher gemacht, so daß es für mich gut spielbar ist. Auch lassen sich Silverstein Rohre auf eigene Hülsen umstecken (Modell „Perto“).
    Der Klang bleibt aber etwas härter und unflexibeler, als bei einem guten Holzrohr.
    Meine erste Erfahrung mit einem lnk Rohr habe ich auch mit dem Medium Modell gemacht. Hier hatte das Rohr für mich etwas zuviel Spannung. Da sich das Material wirklich lange nicht verändert, kann man das nicht wie beim Holzrohr einblasen. Also auch hier eine Zwinge, um die Spannung zu verändern. Hier die erste Überraschung beim Bearbeiten: Druck von oben und unten auf die Zwinge macht die Öffnung der Spitze eher weiter. Druck von den Seiten verringert dann die Spannung.
    Die zweite Überraschung war dann, das das Rohr auf Korrekturen eher stärker reagiert, als ein Holzrohr, was mir auf Nachfrage bei lnk auch bestätigt wurde.
    Also ganz vorsichtig bearbeiten.
    Immerhin ist das Ergebnis jetzt so, daß Klang, Schwingung und Resonanz wirklich zufriedenstellend sind.
    Die Facon ist jetzt etwas breiter, als gewohnt, was vielleicht die Ursache für eine kleine Intonationsschwäche beim g ist, was aber beherrschbar ist.
    Ein Soft Modell von lnk konnte ich ohne Zwinge leicht blasen, nur war mir der Klang in der zweiten Oktave dann doch etwas zu dünn.
    In der Zukunft werde ich weitere Erfahrungen dann mit dem Medium Rohr sammeln.
    Aus dem Material von Silverstein gibt es über KGE schon Englischhornrohre.
    Ich wäre seelig, wenn sich lnk auch der d’amore und dem Englischhorn widmen würde.
    Die Oboenrohre sind auf jeden Fall ein enormer Fortschritt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert